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Digitalisierung - Früher war alles besser

Nicht schon wieder… So oder so ähnlich war unser erster Gedanke, als uns der Aufruf zur Blogparade „Angst vor der Digitalisierung - #digifit“ erreichte. Das Thema ist schon so ein bisschen abgedroschen, wir haben doch gar keine Angst und mit welchen Allgemeinplätzen sollen wir denn nun darauf antworten?

 

Und dann hat es uns doch gepackt, dieses Thema. Weil es ja trotz allen Zerredens ein ganz aktuelles ist, das auf der einen Seite in jedem Unternehmen einen äußerlich hohen Stellenwert hat (wer hat keinen strategischen Digitalisierungsfahrplan, einen Digitalbeauftragten, eine IT-Communikationsmanagerin?) und auf der anderen Seite so schlecht beim einzelnen Menschen ankommt wie kein anderes. Und nur weil es bisher in Deutschland so unerfreulich gemanaged wird, darf man es ja kaum ignorieren.

 

Also gehen wir das mal anders an und beschreiben ganz praktisch 5 Phänomene, die im ersten Augenblick eindeutig für bzw. gegen Digitalisierung sprechen.

 

PRO

CONTRA

 

Super Urlaub, tolle Kulisse, wunderbarer Sonnenuntergang, idyllisches Familienfoto.

Nach dem Urlaub den 36erFilm entwickelt, nach einer Woche Hochspannung die Bilder abgeholt und… verwackelt.

Da ist so eine Digitalkamera gar nicht so verkehrt.

 

 

Könnt Ihr auch noch die (Festnetz-) Telefonnummer Eures besten Freundes aus der Grundschule auswendig? Aber schafft es heute kaum Eure eigene Handynummer zu behalten? Vielleicht schrumpft ja unsere Merkfähigkeit durch die Digitalisierung.

 

Es ist doch viel einfacher, den Emailnewsletter abzubestellen, als Vertriebsanrufe per Telefon (denn unsere Telefonnummern standen samt Adressen in diesen kleinen gelben Büchern, die an alle Haushalte verteilt wurden) loszuwerden – die waren durchaus hartnäckig!

 

 

Arbeitsplätze werden wegfallen. Ja, natürlich ist das eine Tatsache, mit der wir als Gesellschaft uns beschäftigen müssen. Und es stehen ja heute bereits unzählige Fernsehansager, Kutschbockfahrer und Schrankenwärter auf der Straße und trauern ihren Professionen nach.

 

Selbst wenn der Nachwuchs Nachmittage lang im Bett liegt und mit Freunden telefoniert – wir fallen nicht mehr über das Kabel im Flur, müssen nach 8 Minuten den teuren Tarif anmahnen und können sogar selbst gleichzeitig noch telefonieren.

 

 

Jugendliche schaffen es heute nicht mehr, ohne Snapchat, Instagram, Sprachnachricht und WhatsApp zu kommunizieren. Die treffen sich gar nicht mehr im realen Leben. Hach, die Jugend von heute…

 

 

Oma skyped das erste Mal mit der Urenkelin, die ihr Auslandsjahr in Amerika verbringt. Der Blick: unbeschreiblich!

 

Neben der Fastenzeit, der Kohlsuppendiät, dem Punkteplan fürs Essen, dem Sportvorsatz zu Neujahr und dem Rauchverzicht steht jetzt auch noch Digital Detox auf dem Diätprogramm.

 

 

Wir fahren den Computer hoch, er verbindet sich mit dem Internet und wir unterhalten uns selbstverständlich dabei. Habt Ihr dieses Modemgeräusch noch im Ohr?

 

 

Die morgendliche Kaffeepause wird kürzer – weil der PC nicht mehr 30 Minuten braucht, bis alle Programme geladen sind  (zumindest manchmal).

 

Wir persönlich hätten keinen Job, Zumindest nicht den, den wir gerade für uns kreiert haben. Wir wären nicht durch Maschinen ersetzt worden, sondern hätten genau diese nicht, um damit zu arbeiten.

 

Mit rasender Geschwindigkeit verbreiten sich auch gefährliche, verletzende, beschämende Gedanken über digitale Netzwerke. Cybermobbing, Kriminalität, Terror – alles rückt näher und bekommt immer neue Dimensionen.

 

   

Die Beispiele sind natürlich überspitzt formuliert und einiges davon sollte uns schon zum Nachdenken bringen.

 

Wir müssen uns vor allem aber wirklich mit dem Thema Digitalisierung um unser selbst Willen und Zukunft beschäftigen. Wir bezahlen mit der Punktesammelkarte, um am Ende des Jahres eventuell 2 Euro auf den Jahreseinkaufwert gespart zu haben, möchten aber unsere Daten nicht für einen Online- Newsletter preisgeben. Wir sind entsetzt, wenn wir nach einem Onlineeinkauf Werbung für genau solche Produkte angezeigt bekommen, sind aber nicht bereit, den höheren Preis im lokalen Fachgeschäft zu zahlen. Wir fliegen um die halbe Welt und beantragen Einreisevisa, buchen Hotels und zahlen mit Kreditkarte, möchten aber nicht, dass das Klassenbild unsere Kinder auf der Schulhomepage veröffentlicht wird (auf Insta hat das Kind ja ein Herz vorm Gesicht…). Unfälle selbstfahrender Autos werden auf der ganzen Welt gemeldet – wenn Unfälle, die Menschen verursachen, in den Hauptnachrichten gemeldet würden, wäre das Fernsehprogramm ohne weitere Produktionen und Sendungen gesichert.

 

Bleibt das Thema Terror und Cyberkriminalität – natürlich, das macht auch uns Angst. Aber an dieser Entwicklung ist nicht die Digitalisierung schuld, sie macht nur das möglich, was sie auch im Positiven verstärkt: sie vereinfacht Kommunikation, Vernetzung, Austausch: weltweit. Was genau sollten wir deswegen nicht machen? Denen das Feld überlassen, die so viel (kriminelle) Energie haben, dass sie sich mit neusten Techniken auseinandersetzen, lernen, programmieren, Daten und Systeme nutzen. Es klingt makaber, aber wir brauchen „einfach“ genauso viel Energie und Überzeugung an unserem Job, um die Digitalisierung als Mittel zum Zweck zu sehen. Bitte nicht, ohne Fanatismus durch Spaß und Motivation zu ersetzen.

 

Und dann gibt es die ganz vielen bequemen Alltagssituationen, in denen uns Digitalisierung tangiert. Wenn sie uns unmittelbar nützlich ist, darf sie gerne kommen („Alexa, mach das Licht aus“). Wenn sie ungewollt in unser Leben, in unsere Erziehung, in unsere Arbeit wirkt, dann mögen wir das nicht. Wir sind bequem. Wir wollen uns nicht damit beschäftigen, wie Algorithmen funktionieren – aber erst das Wissen um solche Technologien kann uns die Angst nehmen. Und uns unsere Sicherheit wieder zurückgeben.

 

Am prägnantesten wird das, wenn Digitalisierung uns Form von Robotern begegnet. Weil die uns dazu auch noch ähnlich sehen – die machen uns als Mensch Konkurrenz; das wollen wir nicht. Weil wir die höchsten Wesen sind. Und es bleiben wollen. Guckt doch mal hinter den Roboterkopf – Drähte, Kabel, Chips. Zu einem wunderbar funktionierenden Netzwerk zusammengebaut. Von Menschen. Und genau das haben wir der Digitalisierung absolut voraus: echte funktionierende, lebende, sich entwickelnde Netzwerke.

 

Daher zum Abschluss unser Wunsch: Nutzt Eure menschliches, reales Netzwerk gegen Eure Angst vor der Digitalisierung. Baut es auf und aus. Es bildet Eure stabilen Datenverbindungen! Damit unsere gesellschaftlichen Errungenschaften trotz oder gerade mit Digitalisierung standhalten können. Was Ihr wisst, müsst Ihr nicht fürchten. Und es gibt bestimmt immer jemanden, den ihr fragen könnt. Ihr müsst die Antwort dann nur auch ertragen können. Denn wer online rote Schuhe sucht, bekommt rote Schuhe angezeigt. Übrigens würde uns unser reales Netzwerk auch immer wieder sagen, dass es tolle rote Schuhe gesehen, hat, wenn wir einmal gesagt haben, dass wir welche suchen – weil sie uns helfen wollen. Bis wir ihnen sagen, dass wir welche haben. Wenn wir Glück haben merken sie sich das und löschen den Cookie im Kopf. Sehen wir es doch positiv.

 

„Angst macht keine Freunde! Angst macht einsam.“ (Tabaluga)

 

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Kommentare: 1
  • #1

    Mareike (Montag, 11 Februar 2019 10:01)

    Danke für euren erfrischenden Beitrag zur Blogparade. :)
    Wir wissen ja auch, dass das Thema ein bisschen leidig ist. Aber letzten Sommer bei der Digitalen Woche Dortmund haben wir erstaunt festgestellt, bei wie vielen Menschen (in dem Fall besonders jenen aus der Lehre) das Thema noch große Sorgen bereitet. Den Tipp mit den realen Netzwerken können wir nur hoch halten!
    Beste Grüße aus Dortmund vom BuGaSi-Team